Mittwoch, 13. Mai 2015

Ich bin der Neue



Gestatten- Ich heiße Joshua!

Tut mir leid, dafür kann ich nichts!




 Im Tierheim hat man mich so genannt. Es ist auf jeden Fall besser, als Nr 7012 gerufen zu werden, oder?

Irgendjemand hatte mich gefunden und dort abgegeben. Meine alte Familie hat sich aber einfach nicht gemeldet.

So war ich wochenlang im Heim, bis mein neues Frauchen kam. Sie suchte einen Spielpartner für Lilly, denn Lillys Bruder ist leider von einem Raser überfahren worden. Und Lilly hat wochenlang getrauert und nach ihm gerufen. Wenn das mal kein Appell an meine Männlichkeit war!

Klasse, dachte ich, ein Mädchen. Noch dazu in meinem Alter.

Also hab ich mich gleich von Anfang an ganz gut benommen. Lilly hat zwar manchmal gefaucht, und Frauchen meinte, ich sei ein "halbstarker Lümmel".
Doch schon nach wenigen Tagen hab ich gelernt, dass Lilly es gar nicht gerne hat, wenn ich einfach so drauf los kloppe und zu fest beiße. Ist halt ein Mädchen....
Mittlerweile bin ich ganz zart geworden und Frauchen ist sehr glücklich, dass ich auch ihr nur noch ganz vorsichtig an den Fingern herum knabbere. Geht doch- sagt sie immer.
Meine Aufgabe als Seelentröster nehme ich sehr ernst und Lilly und ich verstehen uns inzwischen gaaanz prima. Sie ist auch gar nicht mehr so traurig. :-)



Sonntag, 3. Mai 2015

Lilly




Nein, ich gehöre wirklich nicht zu den Leuten, die unter einem Mangel an Toleranz leiden. Jeder soll tun, was er/sie für richtig hält, solange meine persönliche Grenze nicht überschritten wird.
Und ich gehöre auch nicht zu denen, die in Bezug auf Haustiere bestimmte Präferenzen haben.
Mir stellt sich die Frage erst gar nicht: Hund oder Katze? Nur wenn Lilly- Lilly ist meine Katze- sich zum Monster entwickelt, dann wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass aus Lilly ein braver Hund werden möge. So wie Locke einer war.

Oh- Locke! Sie war meine kleine Pudeldame, deren schreckliches Schicksal, im Tierheim gelandet zu sein, mein tierliebendes Herz so gerührt hat, dass ich die Tatsache, dass sie ein Kleinpudel war, völlig übersehen habe und sie mit nach Hause nahm. 

Pudel…so jedenfalls meine bis dahin nicht vorhandene Erfahrung- sind ja verwöhnte, kläffende Primadonnen, die zu nichts Nutze sind. Dachte ich!

Mit gesenktem Haupte gebe ich nach mehr als 10 Jahren gemeinsamen Lebens zu, dass dies bei weitem nicht so ist. Das stellte die Kleine schon von Anfang an klar. Sie war die liebste Hündin, die mir je begegnet ist und hat alles, aber auch wirklich alles mitgemacht, was man ihr an Entertainment so zu bieten hatte. Sie war gelehrig, gewitzt, immer guter Laune und absolut kein Kläffer.
Aber ich schweife ab und verliere mich in Schwärmereien.

Zurück zu Lilly. Katze! Weiblich! Knappe 10 Monate alt. 
Noch dazu ein „Wunschkind“, als Locke in den Hundehimmel abgereist war und die große Lücke, die sie hinterlassen hat, gefüllt werden musste.



Die Vierte in meinem Haushalt und die erste Dame!
Vielleicht ist das der Grund, warum sie einen solch ausgeprägten Hang zu allem hat, was mit Fäden zu tun hat. Das Filigrane liegt uns Frauen nun mal. Keiner meiner drei Kater hat Fäden auch nur beachtet!

Ich frage mich, ob Lilly vielleicht nicht doch lieber ein Mensch wäre, damit sie endlich aus all diesen Fäden, Garnen, Wollknäulen, die sich in meinem Haushalt befinden, etwas Brauchbares herstellen kann. Stricken vielleicht? Häkeln? Denn das sind die Dinge, die auch ich gerne tue. Und dazu braucht Frau nun mal eben Fäden, jede Menge Fäden.  

Zeit genug, um über dieses Thema nachzugrübeln, habe ich ja, denn …

Jedes Mal, wenn ich an meine Vorräte gehe, um vielleicht ein bereits angefangenes Projekt weiter zu verarbeiten, scheitere ich, weil Lilly - kontraproduktiv, wie sie in ihrem Frust, dass sie  n i c h t stricken kann,  nun mal ist – wieder ein Knäuel zerlegt hat.

Sie stiehlt -heimlich. Zwängt sich mit Macht durch die stets verschlossene Tür- wie,ist mir ein Rätsel - und geht auf Eroberungstour. Ohne mein Wissen und hinter meinem Rücken!

Ihr Beutezug ist immer erfolgreich, weil immer noch- trotz all meiner Bemühungen, alles in Schränken zu verstauen- der ein oder andere Karton mit angefangenen Arbeiten auf dem Boden stehen muss. Platzmangel! Jede leidenschaftliche Strickerin kennt das.

Nein, sie hat die säuberlich angeordneten Fäden nicht nur aus ihrer gewickelten Ordnung gebracht- nein! Sie hat sie auch noch zerbissen, zerrissen, aufgedröselt, verfilzt.



Und so sitze ich da, Stunde um Stunde und versuche, aus diesem Chaos wieder strickbares Garn zu machen….

Still für mich denke ich dabei an Loriot, der in einem seiner Sketche am Ende sagt:

"Morgen bringe ich sie um!"

Samstag, 2. Mai 2015

Hindernislauf




Herrjeh, war das eine Friemelei!

Jedenfalls ist das Vorhaben, aus einem „nassen Sack“ doch noch was Ansehnliches zu machen, ganz gut gelungen. Obwohl es Phasen gab, wo ich nicht mehr dran glaubte. Aber jetzt erst mal von vorne:

Zwei Tunikas gingen mir leicht und (fast) ohne Fehler von der Hand. Und wie immer, wenn man so in Schwung ist, soll auch das nächste Teil bitte genau so funktionieren. Also warum sich groß Gedanken um den Schnitt machen, wenn er doch so gut passt? Man schneide ihn in der Mitte einfach auf und schon hat man eine Jacke….dachte ich. 
So was Leichtes, ein Chasuble, mit nur einer Schließe ( die von meiner Oma, die ich gerade von meiner Schwester bekommen hatte), wäre doch auch was Feines.


Gerade noch rechtzeitig fiel mir ein, dass eine Jacke ja über etwas drüber muss und deshalb- bitte schön- auch etwas weiter sein darf. Hier eine kleine Zugabe, dort eine kleine Zugabe und der Schnitt war erledigt.

Das Material: Baumwolle??? Na ja, warum nicht. Ist ja mal was anderes und für den Sommer sicher besser geeignet, als wärmende Wolle.
Aber woher nehmen? In meinem Schrank gibt es- bis auf wenige Ausnahmen- nur Wolle. Kaum Synthetisches und Baumwolle…genau 1 Kone.


Dann bestell ich mir doch was ( hi, hi, mal wieder eine gute Gelegenheit).
Doch ich hab meinen Kaufrausch unterdrückt und nur 2 weitere Konen Baumwolle bestellt ( dafür aber noch was Seidiges). Als das Paket endlich da war…und ich gehe hier nicht in die Details….musste ich 2 Konen zurückschicken... 

Also wieder warten auf den Ersatz oder mit der uralten, noch aus den 80ern stammenden Baumwolle beginnen. Und dieses Bleu ist ja auch nicht soooo schlecht! 

Die Musterkombination dieses mal: unten glatt rechts, oben ein Fangmuster ( 255 aus dem Musterbuch).
Beim 2. Vorderteil hab ich promt vergessen, das Ganze mit dem Maschenwendekamm umzudrehen. Gott sei Dank waren nur 8 Reihen aufzuribbeln und so hielt sich der Zeitverlust in Grenzen.

Nachdem auch die Ärmel fertig und eine Schulter geschlossen war, fing ich an, wieder die große Wellenkante ( so heißt diese Borde in Hanne Barth’s Buch „Maschinenstricken“) zu arbeiten.
Als ich endlich nach gefühlten Ewigkeiten damit fertig war, kam das böse Erwachen.

Die Vorderkante beulte dermaßen, dass die Jacke eben aussah, wie ein nasser Sack. So konnte das nicht bleiben. Und irgendwie saß sie auch nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Die als kleine, adrette Rüsche gedachte Kante war eine komplette Fehlentscheidung und musste wieder weg, so viel war klar. Dem Himmel sei Dank brauchte ich nur ein paar bereits vernähte Fädchen wieder raus popeln und ziehen, weil ich sie an einem Stück gestrickt hatte. Die Frage war: was sollte ich statt dessen anbringen?

Ein wohl etwas unscharfes Foto im Strickforum brachte mich dann auf die Idee, doch eine italienische Blende anzubringen…aber: mit Muster! 
Das ist ja nichts Neues, aber ich habe bisher nur- bis auf zwei Mal Bogenkante- meist 1R/1L gestickt.

So konnte ich immerhin verhindern, dass die Kante weiterhin ausleiert.



Unten herum und um die Ärmel sind jetzt immer noch die Borden.


 

 Ok. Das ist nicht gerade die beste Lösung, und von Harmonie kann auch nicht die Rede sein. Aber ich hab keine Lust, auch die noch zu ersetzen. Denn ich habe ja mit Kontrastgarn begonnen und das hieße, offene Maschen einsammeln. Nö! 
Die Luft ist einfach raus.

Das Material ist sowieso nicht das Beste und ich mach mich lieber dran, eine neue Jacke zu stricken ;-).